Analyse der Genetik komplexer biologischer Merkmale mit Methoden der Mustererkennung
Die meisten Merkmale eines Organismus sind komplexer Natur und basieren auf dem Zusammenwirken mehrerer Gene und Umweltfaktoren
(polygenische Merkmale). Im Gegensatz dazu sind monogenische Merkmale nur durch ein einzelnes Gen festgelegt.
Da es meist verschiedene Varianten eines Gens (Genotypen) in einer gegebenen Population gibt, treten bei verschiedenen Individuen dieser
Population Merkmale mit verschiedenen Ausprägungen (Phänotypen) auf. Beispiele dafür sind Haar-, Augen- und Hautfarbe, Form der
Ohrläppchen und die Funktion von Gerinnungsfaktoren. Manche (besonders monogenische) Merkmale besitzen nur wenige, diskrete
Phänotypen während andere (polygenische) in quantifizierbaren, feinen Abstufungen vorkommen können.
Die Vererbung monogenischer Merkmale folgt den Mendel'schen Gesetzen und läßt sich leicht in Stammbäumen nachvollziehen. In
sogenannten Genome Scans lassen sich monogenische Merkmale relativ leicht im Genom lokalisieren, wenn das Merkmal stark durch das
Gen bestimmt wird, das Gen also eine hohe Penetranz besitzt.
In komplexen Merkmalsmustern hat jedes einzelne der zugrunde liegenden Gene nur eine geringe Penetranz. Die Vererbung läßt sich meist
nicht auf ein einfaches Mendel'sches Muster zurückführen, da eine Anzahl von Genen unabhängig voneinander weitergegeben werden
und dadurch verschiedene GVPs (Genome-wide Variant Patterns - Genomweite Variantenmuster) entstehen. Genome Scans können
Bereiche im Genom identifizieren, welche wahrscheinlich die zugrunde liegenden Gene enthalten, sind jedoch für die genaue Lokalisation
dieser Gene nur bedingt geeignet.
Zur Identifizierung von GVPs nutzen wir Genotyp-Phänotyp Assoziationsstudien. Unser Interesse gilt dabei Erkrankungen mit komplexer
Ätiologie und Pathogenese, insbesondere der Rheumatoiden Arthritis. In diesen Studien wird das zu untersuchende Merkmal, hier die
Diagnose der Erkrankung, für eine Anzahl von Betroffenen und Gesunden möglichst genau beschrieben (Laborwerte, Befragung, Daten
aus Röntgenbildern usw.). Aus dem bisherigen Wissen über die Mechanismen der Erkrankung werden Kandidatengene ausgewählt,
welche auf die Verteilung ihrer häufigsten Varianten bei gesunden und Kranken untersucht werden. PATTERN EXPERT anySNP bietet eine
hervorragende Möglichkeit die experimentell bestimmten Genotyp-Daten mit Methoden der Mustererkennung auf GVPs zu untersuchen, welche mit den Phänotypdaten korrelieren.
Diese Entwicklungen werden in Zusammenarbeit mit den Arbeitsgruppen von Dr. Peter Ahnert, Universität Leipzig und Dr. Karla Köpke, Charite Berlin durchgeführt.